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24. November 2023

UA Ruhr-Studie: Wie einsam sich Jugendliche in NRW fühlen

Eine neue Studie zeigt, dass Einsamkeit unter jungen Menschen ein verbreitetes Phänomen ist, und stellt zugleich Lösungsansätze vor.

Einsamkeit ist bei Jugendlichen in NRW sehr verbreitet und hat sich vermutlich durch die Corona-Pandemie verstärkt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Forschenden der Universitätsallianz Ruhr, die im Auftrag der Staatskanzlei NRW durchgeführt wurde. Die Ergebnisse stellte die Psychologin Prof. Dr. Maike Luhmann von der Ruhr-Universität Bochum zusammen mit Ministerpräsident Hendrik Wüst am 24. November 2023 auf dem Einsamkeitsforum in Berlin vor. Der Studienbericht ist online veröffentlicht und enthält auch eine Reihe von Handlungsempfehlungen.

Einsamkeit unter Jugendlichen stark verbreitet
In die Studie gingen Ergebnisse aus zwei Stichproben ein. Die erste umfasste 958 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 20 Jahren, die speziell für die Studie online befragt wurden. Die zweite Stichprobe bestand aus 1.243 Achtklässler*innen, die an der GLÜCK-Studie teilnahmen, finanziert vom Mercator Research Center Ruhr.

Der Anteil der stark einsamen Jugendlichen liegt laut der Studie je nach Geschlecht und Form der Einsamkeit bei älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen zwischen 16,3 und 18,5 Prozent; bei jüngeren Jugendlichen zwischen 3,7 und 11,1 Prozent. Zählt man diejenigen hinzu, die sich moderat einsam fühlen, steigen die Werte auf 51,2 bis 78 Prozent bei den älteren und auf 27 bis 68,2 Prozent bei den jüngeren Jugendlichen. Studien mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die vor der Corona-Pandemie durchgeführt wurden, geben Hinweise, dass diese Werte vor der Pandemie niedriger waren.

„Die Zahlen deuten darauf hin, dass heute mehr Jugendliche und junge Erwachsene von Einsamkeit betroffen sind als vor der Pandemie. Einsamkeit ist zwar eine Erfahrung, die zum Leben dazugehört, wie man auch an den Zahlen zur moderaten Einsamkeit sieht. Aber aus starker Einsamkeit kommen viele nicht mehr alleine heraus, und deshalb besorgt mich der gestiegene Anteil der stark Einsamen unter den älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen“, sagt Maike Luhmann.


Prof. Maike Luhmann und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst stellen die Studie vor.
Prof. Maike Luhmann und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst stellen die Studie vor.
© Landesvertretung NRW / Michael Setzpfandt

Risikofaktoren und Folgen
Die Ergebnisse zeigen zudem, dass Jugendliche mit finanziellen Problemen stärker von Einsamkeit betroffen sind. Einsame Jugendliche verbringen weniger Zeit mit ihren Freundinnen und Freunden oder sportlichen Aktivitäten und mehr Zeit mit alleiniger Mediennutzung. Laut den Daten können viele Jugendliche angemessen mit Einsamkeit umgehen. „Einige reagieren hingegen auf akute Einsamkeit mit Verhaltensweisen, die langfristig unwirksam oder sogar schädlich sein können, zum Beispiel beschäftigen sie sich allein oder verdrängen die Einsamkeitsgefühle, was langfristig dazu führen kann, dass sie sich weiter isolieren und so ihre Einsamkeit verschärfen“, so Luhmann.
Zudem berichten einsame Jugendliche häufiger über die Aufnahme einer Psychotherapie, Diskriminierungserfahrungen oder besondere persönliche Belastungen wie negative Lebensereignisse.

Handlungsempfehlungen
Die Autorinnen und Autoren der Studie empfehlen eine gezielte Kampagne, die über Einsamkeit aufklärt, zu Bewältigungsstrategien informiert und das Stigma reduziert. Darüber hinaus raten sie unter anderem, Risikogruppen besonders in den Blick zu nehmen; dazu zählen etwa Haushalte mit finanziellen Einschränkungen oder arbeitslose Jugendliche. Freizeitangebote und Aufenthaltsorte sollten so gestaltet sein, dass sie Begegnungen ermöglichen. Zudem hilfreich sein könnten Maßnahmen, die soziale und emotionale Kompetenzen stärken, sowie Maßnahmen gegen Diskriminierung und Vorurteile und für Toleranz und Integration.

 

Originalveröffentlichung:
Maike Luhmann, Debora Brickau, Bernd Schäfer, Peter Mohr, Miriam Schmitz, Alicia Neumann, Ricarda Steinmayr: Einsamkeit unter Jugendlichen in NRW nach der Pandemie, 2023, Online-Veröffentlichung

Pressekontakt:
Prof. Dr. Maike Luhmann
Psychologische Methodenlehre
Fakultät für Psychologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 24624
E-Mail: maike.luhmann@ruhr-uni-bochum.de